Unikat
30 x 40 cm
In der japanischen Poesie ist das Tanka eine kurze Gedichtform, die oft von Natur, Zeit und spirituellen Reflexionen geprägt ist. Sie drückt auf subtile Weise tiefe Emotionen und philosophische Überlegungen aus.
Dieses Stickbild ist ähnlich aufgebaut wie ein Tanka – eine Komposition aus Naturmotiven und Symbolik, die durch ihre scheinbare Einfachheit eine tiefere Bedeutung vermittelt.
Die zwei Sonnen, die den Mittelpunkt der Komposition bilden, erscheinen in Mandalaform und erinnern an Meditationsbilder, die Ruhe und Unendlichkeit ausstrahlen. Sie haben etwas Kosmisches und Beständiges in sich und stehen im Kontrast zu den Wasserblasen im unteren Bereich, die das Momentane und Vergängliche symbolisieren.
Da die Sonne traditionell mit Energie, Kraft und Leben assoziiert wird und jeder Tiger seine eigene Sonne hat, vermittelt das Bild, dass jeder von uns seine eigene Quelle der Stärke und Vitalität besitzt und seinen eigenen Lebensweg geht.
Während Tiger in der realen Welt mächtig und groß erscheinen, werden sie hier klein und fast fragil dargestellt, während die Mohnblumen überdimensioniert und stark wirken. Diese bewusste Verzerrung der Realität, das umgekehrte Größenverhältnis führen den Betrachter in eine meditative Traum- oder Märchenwelt.
Die Mohnkapseln symbolisieren den Zustand zwischen Wachen und Träumen, da Mohn traditionell mit Opium und dem Schlaf verbunden ist und den Übergang zwischen den Welten symbolisiert. Gleichzeitig stehen sie aber auch für Wiedergeburt und Erneuerung, da sie die Samen enthalten, die nach dem Verfall der Kapsel neues Leben hervorbringen. Die Kapseln verkörpern somit nicht nur Vergänglichkeit, sondern auch das Potenzial für Neubeginn und den ewigen Kreislauf des Lebens.
Dass die Tiger auf den Mohnkapseln sitzen, stellt eine gezähmte Kraft dar – eine Kraft, die sich im Zustand des Träumens oder der Ruhe befindet, aber jederzeit neu geboren werden kann. Die Tiger scheinen auf der Grenze zwischen dem Wachzustand und dem Traumhaften zu balancieren, als Wächter des Traums.
Die Disteln mit ihren Dornen verkörpern sowohl Schutz als auch Widerstandskraft, als würden sie dafür sorgen, dass die Stille ungestört bleibt.
Dieses Stickbild strahlt eine ruhige, fast meditative Stimmung aus, wirkt poetisch und verträumt zugleich.
Besondere Sticktechniken: Applikationen, Effektgarne
Das Bild hat 9 Elemente, mit insgesamt 75186 Stichen.
"Gestickte Märchenwelten" sind nicht nur gestickte Gemälde - und bei genauer Betrachtung sicherlich auch viel mehr, als nur Märchen.
Das Irdische und das Himmlische - hier wird alles kunstvoll miteinander verstickt.
Ganz typisch für die Mode von 'leonid matthias' gibt es auch in diesen Arbeiten immer wieder Raum für Humor und kluge Ironie, die zum Hinterfragen, Nachdenken und Schmunzeln animieren.
Wie die feinen Pinselstriche eines Malers sind die Maschinenstiche unglaublich präzise, aber anders als auf einem Gemälde kommen hier Volumen und Formen besonders gut zur Geltung, denn hier wird mit unterschiedlichen Techniken, Materialien, Garnen und zahlreichen Überlappungen gearbeitet.
Jede bestickte Welt ist eine kleine Inszenierung, eine philosophische Kurzgeschichte, die mit Symbolen und tiefen Bedeutungen gefüllt ist, wie ein gutes altes Märchen.